Bau und Geschichte

Bauphasen - Darstellung am Grundriss
Bauphasen – Darstellung am Grundriss

Mit der ersten urkundlichen Erwähnung im Jahr 961 ist die Stadt Wurzen einer der ältesten Orte im Freistaat Sachsen. Die Schenkungsurkunde Kaiser Ottos I. erwähnt den Burgward von Wurzen („civitas vurcine“). Die Stadt liegt an der Via Regia, deren Verlauf teilweise identisch mit dem ökumenischen Jakobspilgerweg ist. Die Burg entstand auf einer felsigen Anhöhe am rechten Muldenufer und wurde zum Bischofssitz, als Bischof Johann VI. von Sahlhausen seine Residenz von Meißen nach Wurzen verlegte.

Unmittelbar neben der Burg, dem heutigen Schloss, entstand die Kollegiatstiftskirche, der heutige Dom St. Marien. Die mittelalterliche Kirche diente den Kapitularen als Gebetsraum und zur Feier der heiligen Messe. Das Wurzener Kollegiatstift im neukolonialisierten Gebiet, an der Grenze zum Merseburger Land gelegen, besaß große Bedeutung für die Ausbreitung des christlichen Glaubens. Seit der Zeit, in der die Bischöfe von Meißen in Wurzen residierten, also Anfang des 16. Jahrhunderts, wird die Stiftskirche als Dom bezeichnet. Noch bis zur Auflösung des Bistums Meißen 1581 residierten im Schloss die katholischen Bischöfe. Bischof Johann IX. von Haugwitz resigniert zu Gunsten des Kapitels und der sächsische Kurfürst wird neuer Stiftsherr.

Bischof Herwig von Meißen weihte die Kollegiatstiftskirche 1114 zu Ehren der Jungfrau Maria. Ob sich Reste dieser Kirche noch im heutigen Bau erhalten haben, ist nicht geklärt. Die älteste erhaltene Bausubstanz des Domes stammt ebenfalls aus romanischer Zeit. Das Langhaus der ehemals flach gedeckten Pfeilerbasilika entsprach ungefähr dem heutigen. Die nördlichen Pfeiler und Arkaden der alten Kirche sind im jetzigen Bau erhalten und gut erkennbar. Inwieweit die beiden Türme bereits romanischen Ursprungs sind, ist noch unklar.

Um 1260 errichtete man einen anspruchsvollen hochgotischen Langchor im Osten. Er besteht aus vier Jochen und besaß starke Strebepfeiler, die am Außenbau teilweise noch sichtbar sind. Um 1300 wurde das Südseitenschiff erhöht. Eine einheitliche Wölbung erhielt die Kirche wohl erst um 1400.

Durch einen Brand im Jahre 1470 wurden große Teile des Domes und das Archiv zerstört. In der Spätgotik erfolgte auf Initiative des Bischofs Johann VI. von Sahlhausen eine Erweiterung des Domes durch bedeutende Chorbauten im Osten und im Westen. Der Bischof wurde 1444 in Thammenhain, in der Nähe von Wurzen, geboren. Er ließ die alte bischöfliche Burg abreißen und zwischen 1491-1497 ein Schloss zu seinem Wohnsitz errichten. Unter seiner Regierung entstand 1503 ein Westchor, den er als seine Grabkapelle an die Kollegiatsstiftskirche anfügen ließ. Dieser Chor wurde mit einem farbig bemalten Zellengewölbe ausgestattet, das heute noch vorhanden ist. „Damit repräsentierte sich der Bischof wenigstens hier als Landesfürst, denn seine Politik den Wettinern gegenüber war von Rechtsvorstellungen bestimmt, die sich auf die seit ottonischen Zeiten gültigen bezogen. Der Wurzener Westchor ist Ausdruck dieser restaurativen Gesinnung eines bischöflichen Reichsfürsten am Vorabend der Reformation. Das Grabmal des 1518 verstorbenen Bischofs wurde in der Reformationszeit zerstört“ (Fichtner, Fritz: Der Dom zu Wurzen und seine Erneuerung, Dresden 1933; in H. Magirius, Meissner Dom Bd. 1, S.236). In das Jahr 1508 fiel die Erweiterung des Ostchores, in dem sich heute die Kreuzigungsgruppe und der Altar befinden. Eine Datierung ist an der Gewölbedecke zu sehen. Zwischen den südlichen Strebepfeilern entstanden niedrige Anbauten, so um 1515 ein Raum mit einem Kamin. Mit diesen spätgotischen Anbauten erhielt die Kirche ihre heutige Raumstruktur.